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ein Beitrag zur aktuellen Diskussion um den von Menschen verursachten Klimawandel
Noch zu Beginn des 20.
Jahrhunderts galt die Eifelregion als ein ärmliches Randgebiet des Deutschen
Reiches, das man verächtlich "preußisch Sibirien" titulierte. Für die
preußische Regierung im fernen Berlin war das Land zwischen Rhein, Mosel und
Maas vornehmlich aus militärischen Gründen von Interesse, denn es diente seit
jeher als Durchmarschgebiet französischer, spanischer und anderer europäischer Truppen
zu allen möglichen Kriegsschauplätzen Europas. Während der letzten
Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) fanden in der Eifel
regelmäßig Heeresmanöver statt, die letztlich zur Kriegsvorbereitung im Westen dienten.
Wir müssen uns weite Teile der Eifel um 1850 als karge,
baumlose Heidelandschaft vorstellen, auf der lediglich Schafe und Ziegen
ausreichend Nahrung fanden. Eine der Ursachen für den Jahrhunderte andauernden
Raubbau an den einst ausgedehnten Buchenwäldern waren die
zahlreichen Eisenhütten im Lande. Die hungrigen Hochöfen verlangten ständig
nach Nahrung in Form von Holzkohle. Aber auch die Gewinnung von Brandholz und der Holzeinschlag für den Bau von Häusern und Schiffen trugen dazu bei
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Um die
Tragweite dieser Zeilen zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die
Anomalien des Klimas von damals. Sie sollten die Bevölkerung noch viel härter
treffen als alle vorausgegangenen Kriege.
Kalttrockene,
von Hochdruckgebieten über der Nordsee dominierte Winter- und Frühjahrsperioden
waren kennzeichnend für das Klima Mitteleuropas im 18. Jahrhundert. Im Winter
bedeutete dies extreme arktische Kälte, begleitet von eisigen Winden. Die
Sommer indes waren häufig extrem heiß. Als Ursache vermuten Wissenschaftler
eine starke Zunahme der Sonnenaktivität zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Diese
sorgte insbesondere in den Jahren 1718, 1719 und 1724 für heiße und extrem
trockene Sommerperioden. Wie die Quellen berichten, ließ die Dürre zu jener
Zeit überall in Europa Flüsse und Brunnen austrocknen. Der „kleine
Wärmegipfel“, wie man diese Klimaanomalie auch bezeichnet, währte allerdings nur
bis 1735.
Das
Winterhalbjahr 1739/40 zählte zu den kältesten Perioden in den letzten 500
Jahren. Der jäh einsetzende Kälteeinbruch im Oktober 1739 bewirkte, dass die hart gefrorenen Felder nicht mehr gepflügt werden konnten.
Das knappe Angebot an notwendigem Heizmaterial, damals ausschließlich Holz oder
Holzkohle, sorgte gleichzeitig für schnell ansteigende Preise. Die Vergabe von
Brandholz war in manchen Gemeinden so knapp, dass sich bereits im Jahre 1718 die Einwohner
von Aremberg (Kreis Ahrweiler) schriftlich beschwerten: Im Winter müssten sich
drei oder vier Familien in einem einzigen Raum aufhalten, um sich gegenseitig
zu wärmen...
Die Folgen der Kälte war für die überwiegend mittellose
Bevölkerung der Eifel wie auch der übrigen deutschen Mittelgebirgsregionen
katastrophal. Zahllose Menschen starben in jenen bitterkalten Nächten.
Aber
nicht nur die Winter waren grausam. Zwischen 1752 und 1778 gab es gleich sechs
Sommer, in denen lang anhaltende Regen und Hagelschauer große Teile der Ernte
vernichteten. Das hatte eine inflationäre Teuerung der Lebensmittel zur Folge.
"Es ist kaum das Samengetreide aufzubringen" vermerkte 1778 ein
Chronist. Bitterkalt war auch der Winter 1788/89, im Vorfeld der Französischen
Revolution. In Europa drang arktische Kaltluft von Island bis zu den Alpen vor
und stürzte anschließend als eisiger Fallwind durchs Rhônetal bis zum
Mittelmeer hinunter und breitete sich dann weiter bis nach Tunesien aus.
Zu den globalen Ursachen von Wetterkatastrophen gehörten
im Laufe der Geschichte auch immer wieder Vulkanausbrüche.
Eine Serie von heftigen
Eruptionen in Island im Jahr 1783 hatten anschließend zu einem der kältesten
Winter Europas und zu einer extremen Dürre in Ägypten geführt. Darüber
berichtete 2006 ausführlich das anerkannte Wissenschaftsmagazin "The New
Scientist"
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Mit
Beginn des 19. Jahrhunderts sollte es noch schlimmer kommen. Am 11. April 1815
explodierte der Vulkan Tambora
östlich von Java: Mehr als 150 Kubikkilometer Asche wurden bis in die Stratosphäre
hochgeschleudert. Sie verdunkelten die Sonne von Europa bis nach Indien. Zehntausende von
Menschen kamen damals unmittelbar zu Tode. Ein Teil der Aschenwolke wurde von
Höhenwinden in der Stratosphäre über den ganzen Erdball verteilt. In den
folgenden zwei Jahren reflektierte dieser Ascheschleier einen Teil des
Sonnenlichts. Besonders ausgeprägt war dies abends und morgens sichtbar aufgrund des
dann erheblich längeren Wegs der Sonnenstrahlen durch die Atmosphäre. Die
berühmten Landschaftsmaler Caspar David Friedrich oder William Turner waren von
diesen Farbspielen derart begeistert, dass sie dieses Phänomen in zahlreichen
Gemälden minutiös dokumentiert
en.
1816 -
Ein großer Teil des Jahresniederschlags ging genau in der kritischen
Reifeperiode von Mai bis September nieder. Als Folge verschimmelte die Heuernte
und das Getreide wuchs aus. Die Winzer an Rhein, Mosel und Ahr konnten Anfang
November nur halbreife Trauben lesen.
Der
Pflanzenwuchs wurde so behindert, dass fast keine Getreideart gedieh. Die
wenigen Feldfrüchte, die doch noch anwuchsen, kamen nicht zur Reife. So standen
die meisten auch bis in den Winter und sogar bis zum Frühjahr 1817 im Feld.
1816 ist
auch bekannt als "das Jahr,
als das Vieh das Dachstroh fraß“, wie aus Monschau berichtet wurde. Die
große Hungersnot führte dazu, dass man überall in der Eifel anfing, Kartoffeln
anzubauen. Die „Erdäpfel“ („Krumbirnen“) avancierten schnell zum
Hauptnahrungsmittel der Eifler Landbevölkerung.
Der
Winter 1816/1817 erschien den Bauern der Eifel endlos. Selbst zu Ostern lag
noch hoher Schnee und ein eisiger Wind pfiff aus Nordwest. Das schlechte Wetter
in der Eifel hielt bis zum 15. Juni 1817 an. Während der allgemeinen Hungersnot
im Eifelland versuchte man Brot aus 1 Teil Roggen oder Hafer und 2 Teilen
Kartoffel zu backen. Statt Gemüse gab es Wiesenkräuter. Es wird berichtet, dass
Mützenicher Bürger sogar Fleisch von verendeten Tieren aßen.
Auch
wenn sich 1818 in einigen Teilen der Eifel das Klima normalisierte, herrschte
weiterhin Not und Elend in der Bevölkerung. In
seiner Amtsbeschreibung von 1819 erinnerte der damalige Kelberger Bürgermeister
Metten an die katastrophalen Zustände in der Hocheifel:
„Ich mag mich dieser
Epoche nur mit Grausen erinnern. Ich
habe Leute gesehen, die Gräser in den Wiesen gesammelt und gegessen haben.
Die erkälteten Grundbirnen (erfrorene Kartoffeln) wurden als Leckerbissen
benutzt.“
Nach
einer kurzen „Rückkehr zur Normalität“ sollte es für die Bevölkerung noch ein
weiteres mal „knüppelhart“ kommen. Ursache war eine Krise in der Eifler Eisenindustrie, die infolge von billigem Eisen
aus Belgien und England, das ab 1839 den Markt überschwemmte, kaum noch etwas
absetzen konnte. Die Unternehmen wanderten ab zur Steinkohle an Ruhr, Saar und
Wurm (im Raum Aachen).
Tausende
Hüttenarbeiter, Köhler, Holzhauer und Fuhrleute hatten kaum eine Möglichkeit,
in der heimatlichen Eifel selbst irgendeine andere Lohnarbeit zu finden. Damit
ihre Familien überleben konnten, waren viele Männer gezwungen, sich weit
entfernt von daheim als Industriearbeiter zu verdingen. In manchen Eifeldörfern
lebten überwiegend nur noch Frauen, Kinder und diejenigen, die der schweren
körperlichen Arbeit nicht mehr gewachsen waren. In Ermangelung an Zugvieh wurden
Frauen und Kinder vor den Pflug gespannt, um die steinigen Äcker zu bearbeiten
(vgl.: Clara Viebig: Das Weiberdorf, 1900).
Fatalerweise
kam es in den Jahren 1843, 1845 und 1850 infolge von klimatischen Einflüssen
daheim im Eifelland erneut zu Missernten,
die wieder zu neuen Hungerkatastrophen führten. Viele Menschen waren gezwungen,
das wertvolle Saatgut zu verzehren, um am Leben zu bleiben. Statt den oft
verzweifelten Menschen zu helfen, bestand der preußische Staat auf seinen
Steuerforderungen. Kleine Bauern, Handwerker und Tagelöhner verarmten dadurch immer
mehr und sahen schließlich ihre einzige Rettung in der Abwanderung.
Die erste
große Auswanderungswelle erfasste ab 1841/42 die gesamte Eifelregion und führte
dazu, dass zahlreiche Dörfer für immer aufgegeben wurden. Tausende verließen
seit den 30-er Jahren des 19. Jh. ihre Eifler Heimat, um über Antwerpen oder
Rotterdam per Schiff nach Nordamerika, Südamerika oder Afrika auszuwandern
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An viele
ehemalige Dörfer erinnert heute oft nur noch die Bezeichnung
"Wüstung" auf der Landkarte. Eines von ihnen war der Ort
Allscheid
bei Steiningen im Kreis Daun. Eine Gedenktafel neben der alten Dorfkapelle -
das einzige übrig gebliebene Gebäude - erinnert an die Bewohner und ihre
Geschichte.
Ein
detailliertes Stimmungsbild - aus seiner bürgerlichen Sicht - zeichnete der
bekannte Bonner Romantiker, Theologe und Kunsthistoriker
Gottfried Kinkel
(1815– 1882) in seinem Werk „Die Ahr – Eine romantische Wanderung vom Rheintal
in die Hohe Eifel“ (1846).
Auf
seiner Reise gelangte er in den kleinen Ort Kaltenborn am Fuß der Hohen Acht.
Seine Beschreibung der dort vorgefundenen Lebensumstände sind exemplarisch für
die Lebensumstände der Eifler Bevölkerung vor 150 Jahren:
„Kaltenborn
liegt schon sehr hoch und kalt, 1474 Fuß über dem Meere, die Fruchtbäume werden
klein und unansehnlich, und die umgebenden Höhen sind tot und kahl. Die
Einwohner nähren sich kümmerlich von mühseligem Ackerbau: Man findet zwei ganz
ausgezeichnet schlechte Schenken und in keiner einerträgliches Mittagsbrot. Wer
mag sich wundern, wenn der Mensch, acht
Monate gegen Frost, das ganze Jahr gegen Not und Hunger kämpfend, hier
nicht mit starken Banden an seine Heimat sich geknüpft fühlt, wenn er, wie in
Kaltenborn fast alle, an Auswanderung in gesegnetere Kornländer denkt?“
Vom
bürgerlichen Dasein der Universitätsstadt Bonn verwöhnt, begegnete Kinkel in
Kaltenborn erstmals der rauen Überlebenskultur auf dem Land. Mit der heute
allerorts gepriesenen „Regionalen Küche“ hatte die reale Zubereitung der
Speisen Mitte des 19. Jahrhunderts kaum etwas gemeinsam: Morgens
Roggenbrot und Muckefuck (abgeleitet vom franz. mocca faux), ein
Kaffeeersatzgetränk auf Basis einer Mischung bestehend aus gerösteten Gersten- oder
Roggenkörnern, Eicheln, Bucheckern und/oder Zichorienwurzeln. Kartoffeln gab es
mittags und abends, ersatzweise auch mit Rüben oder Kohlrabi. Speck und Fleisch
bildeten eher die Ausnahme auf dem täglichen Speisezettel des Eiflers.
“An den
Felskegel der Nürburg lehnt sich, erst ganz in der Nähe sichtbar, das elende
Dörfchen gleichen Namens, das höchstgelegene Dorf der Eifel (2000 Fuß), das
sich in dieser Höhe nur noch von Viehzucht ernähren kann. Das Volk ist klein, verkrüppelt und von der
scharfen Luft großenteils brustleidend. Nur die Nähe des bedeutenden
Herrensitzes konnte den Bauern bewegen, sich in dieser Öde niederzulassen.
Jetzt, wo die Nürburg nur noch vom Raubvogel bewohnt wird, sinkt das Dorf fast
wieder in den Schoß der vernichtenden Natur zurück, und von der Burg herab
erkennt man in den geschwärzten Strohdächern und verfallenen Lehmwänden kaum
noch die gestaltende Menschenhand.“
Metten
ergänzte Kinkels Schilderung.
„
Diese ganze Gegend ist die schlechteste
der Bürgermeisterei und gleicht dem schlechtesten Teile von Sibirien
"
.
In den zu Nürburg gehörenden Dörfern Welcherath, Brück (heute Brücktal),
Kirsbach, Reimerath und Bruchhau herrschte eine unbeschreibliche Armut
>>>
Die baumlosen Höhenzüge der Hocheifel empfand der bürgerliche Professor
aus Bonn als eher wenig romantisch. Nur was die mageren Schafherden verschmähten, ziere ihren
Anblick.
Große
Flächen waren damals vermutlich von den Brandspuren der
Schiffelwirtschaft
geprägt. Wo im letzten Sommer noch die rosa Blüten der Callunaheide das Auge
erfreute, wurde diese bisweilen großflächig als Einstreu abgeerntet.
Möglicherweise hatten die halb verhungerten Bauern sie auch als Brennmaterial
abgeplaggt, um nicht in ihren zugigen Hütten zu erfrieren. Es waren verzweifelte Versuche der Eifler, dem Boden das Letzte abzutrotzen. Und
darunter lag nichts außer nacktem Fels.
Quellen:
Einen ausführlichen Vortrag zu diesem Thema mit dem Titel "Zum Leben zu wenig" (unterstützt
mit
MS-Powerpoint,
ca. 120 Minuten)
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