„Der Wald hat lange Zeit einen unentbehrlichen
Beitrag zur Ernährung der Eifeler Bevölkerung geleistet.
Er war die Stütze der
Landwirtschaft.“
Dr.
Werner Schwind, Forstexperte aus Gerolstein/Eifel
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Wir können davon ausgehen, dass das Eifelgebiet schon lange
vor unserer Zeitrechnung besiedelt war. Aus nomadisierenden Jägern und Sammlern
hatten sich nach der letzten Eiszeit gut 5.000 Jahre v. Chr. nur in geringer Zahl Landnutzer
entwickelt, die Ackerbau und Viehzucht betrieben. Selbst vor 2000 Jahren, nachdem die Eifel durch die Römer „befriedigt“ worden war, handelte es sich noch um ein
weitgehend geschlossenes Waldgebiet.
Die häufigste Baumart war seit jeher die Buche. In
einigen wärmeren Gebieten gab es auch Eichen. Bis auf die Eibe und wenige postglaziale Kiefern gab es fast keine Nadelbäume in den von Menschenhand
unberührten Urwäldern. Ihre Nutzung beschränkte sich auf die Jagd und das
Sammeln von Waldfrüchten und Holz.
Erst nach der 400-jährigen
römischen Phase wurde die Eifel - wahrscheinlich ab der Mitte des 5. Jahrhunderts -
bevorzugtes Siedlungsland für Ackerbauern. Fruchtbare Böden für den
Getreideanbau gab es zunächst nur in den Tallagen, wo zusätzlich frisches
Wasser in ausreichender Menge und Güte für Mensch und Tier vorhanden war. Die
zur Verfügung stehenden Flächen dort reichten allerdings bei weitem nicht aus.
Um mehr Vieh halten zu können und zu diesem Zweck ausreichend Vorräte für den
Winter zu beschaffen, rodeten unsere Vorfahren die Wälder auf den Höhen rund um
ihre Siedlungen.
"Die Mittelgebirgsregion Eifel beeindruckt durch ein
facettenreiches Landschaftsbild.
Der Gast kann sich auf sanfte Gebirgszüge,
üppig grüne Wälder und malerische Täler freuen."
heißt es in der Werbung eines Tourismusunternehmens.
Vor 200 Jahren sah das Eifelland allerdings völlig anders aus...
“Schön ist die Aussicht nicht, weil die Nähe nichts
Liebliches,
sondern nur schaurig ödes Heideland bietet.
Aber die Fernsicht ist beinahe fabelhaft....“
Gottfried Kinkel (1815 – 1882)
in "Die Ahr"
Fritz von Wille (1860 - 1941), der berühmte Eifelmaler, hat die Ergebnisse der Zerstörung
der Eifellandschaft in seinen Bildern festgehalten >>>
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Eisenproduktion
Bereits Kelten und Römer nutzten das heimische
Eisenerz zur Herstellung von Waffen und Gerätschaften. Vom Mittelalter an bis
zum Ende des 30-jährigen Krieges und später noch einmal während der französischen
Besatzungszeit 1794 - 1814 gab es in der Eifel eine äußerst rege
Eisenproduktion, die für viele Menschen Arbeit und Brot bedeutete. Die dazu benötigten Mengen an Holzkohle, 40 Kubikmeter Holz je
Tonne produziertes Eisen, lieferte der Wald. Überall im Eifelland rauchten die
Kohlenmeiler
. Was nicht direkt an die Schmelzöfen in dern Tälern abgeliefert wurde, gelangte
mit Karren über die Kohlenstraßen aus dem Eifelhochland nach Osten zu den
Häfen und Produktionsstätten am Rhein. Der Nettehammer bei Andernach war nur eine von vielen >>>
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Tag und Nacht rauchten die Kohlenmeiler im Eifelwald
Glas- und Seifenproduktion
Die Köhlerei, genauer gesagt die
Aschenbrennerei
diente nicht nur zur Gewinnung von Holzkohle zur Erzverhüttung, sondern auch zur Herstellung von
Kaliumcarbonat
(Pottasche). Dieses Ausgangsprodukt ließ sich zu 50–80 % aus Holzasche extrahieren und fand eine weite Verbreitung in der Glasindustrie), in der Seifensiederei (als Bleichmittel) bis zur Verwendung als Backtreibmittel.
Lederproduktion
Eine weitere Belastung für
die Eifelwälder, aber auch ein wichtiges Zubrot für die Eifler Bauern,
war das Schälen junger Eichen- und Buchenstämme in den so genannten
Lohhecken
zum
Gewinn der
Rinde (Lohe). Sie enthielt die für die Lederherstellung wichtige
Gerbsäure (Tannin).
Die Rinde wurde im Frühjahr von den geschlagenen Stämmen mit dem
Lohmesser (Lohlöffel) abgelöst, über den Sommer auf Gestellen getrocknet und im
Herbst
an Händler und Gerbereien verkauft. Das Material wurde anschließend in
den
Lohmühlen
vermahlen. Das Mahlgut wurde von den
Lohgerbern
mit Wasser
zu einer Brühe vermischt, in der die von Fett und Gewebe befreiten
Tierhäute eingelegt
wurden. Das nicht benötigte Holz wurde von den Bauern als Brandholz
genutzt oder zu Holzkohle verarbeitet >>>
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Lohe schälen (Schleißen)
(Bild:
WIKIMEDIA
)
Zum Lösen der gerbstoffhaltigen Rinde der Eichen in möglichst einem
Stück dient der
Lohlöffel
.
Dazu wird die Rinde mit einem Schnitt
entlang des noch stehenden Stammes aufgeschnitten und
von diesem Schnitt
aus zur Seite hin mit dem Löffel abgelöst
Waldweide und
Waldstreunutzung
Die Eifelwälder dienten der Landbevölkerung auch als
Waldweide
für Rinder, Schafe und Schweine. Das Vieh wurde in den Laubwald getrieben, wo
vor allem die jungen Triebe sowie Eicheln und Bucheckern als Nahrungsgrundlage
dienten. Was den Bauern freute, war jedoch fatal für die Natur: Junge Bäume
hatten häufig keine Chance nachzuwachsen.
Ein weitere landwirtschaftliche Nutzung des Waldes bestand seit
der Römerzeit im Abhauen des grünen Laubes zu Futterzwecken — das
sogenannte „laubhawen“ — und das großflächige Sammeln des Herbstlaubes als
Einstreu für die Viehställe. Durch die
Waldstreunutzung
wurden dem Waldboden ständig Nährstoffe
entzogen, was die nachhaltige Leistungsfähigkeit der Wälder erheblich
verringerte.
Der Wald wurde buchstäblich aufgefressen. So entstanden im
Laufe der Jahre großflächige Waldheiden.
Der Wald diente aber nicht nur als Viehnahrung, sondern auch
als Grundlage für die Produktion von Getreide. Im gesamten Eifelgebiet
betrieben die Bauern die sogenannte "Rott- und Schiffelwirtschaft".
Rottwirtschaft
Bei der
"Rottwirtschaft" wurden Gemeindewaldbestände in Abständen von 15 bis
20 Jahren gehauen und Teile des Holzes auf der frei gewordenen Fläche
verbrannt. Übrig blieb Asche, die einer primitiven Düngung gleichkommt. Diese
reichte für ein bis zwei Jahre zum Anbau von Hafer oder Roggen. Der Austrieb
aus den verbliebenen Wurzelresten, der so genannter Stockausschlag, bildete in
den darauffolgenden 15 bis 20 Jahren den so genannten Niederwald. Der wiederum
wurde überwiegend als Brennholz genutzt und der Zyklus der
"Rottwirtschaft" begann erneut von vorn.
Schiffelwirtschaft
Bei der "Schiffelwirtschaft" wurde (ab ca. 1450)
der Gemeindewald im Frühjahr komplett gerodet, also auch die Wurzeln der Bäume
entfernt und alles im Frühsommer verbrannt. Im Herbst säten die Bauern meist
Roggen, der im darauf folgenden Sommer eine durchaus gute Ernte einbrachte. Im
zweiten Jahr konnten die Bauern noch mit einer durchschnittlichen Haferernte
rechnen. Wenn es der Boden zuließ, wurde auch noch einmal Roggen angebaut,
wenngleich der Ertrag eher mäßig ausfiel. Manchmal gedieh auch nur noch ein
wenig
Buchweizen
. Wenn der Boden nach spätestens vier Jahren ausgelaugt war, überließ
man das Land für gut 15 bis 20 Jahre seinem Schicksal. Während dieser Zeit diente
es als Schaf- und Rinderweide. Die spärliche Grasnarbe war schnell abgefressen
und übrig blieben nur die Pflanzen, die von den Tieren verschmäht wurden. So
entstanden mit der Zeit die typischen Heidelandschaften mit ihren immergrünen
Wacholderbäumen und Besenginstern. Dazwischen bildeten Heidekraut und das
anspruchslose Borstgras trockene Rasenflächen. Das Heidekraut wurde regelmäßig
geschnitten, gesammelt und als Streu im Stall verwendet. So bildete sich im
Laufe der Jahre eine torfähnliche Bodenbedeckung. Wenn die Zeit gekommen war,
wurde sie mit Schaufeln abgeplaggt (abgeschiffelt). Die Heideplaggen wurden
verbrannt und im Herbst als Dünger ausgebracht. Damit begann der
Bearbeitungszyklus wieder von vorn.
Durch die intensive Nutzung und den Raubbau waren die
Waldbestände in der Eifel zu Beginn des 19. Jahrhundert fast völlig
verschwunden. Die riesigen Heideflächen, auch in der Osteifel, reichten oft bis
zum Horizont.
Fritz von Wille
,
der große Eifelmaler, hat mit seinen
Landschaftsbildern diese Epoche eindrucksvoll dokumentiert. Erst durch eine
massive Aufforstung, überwiegend mit schnell wachsenden Fichten
("Preußenbaum"), gelang es ab 1815 der preußischen Forstverwaltung,
den völligen Niedergang des Eifelwaldes zu stoppen.
Stephan E. Braun: Historische
Waldnutzungsformen im Kreis Ahrweiler
Ginstergold und Bauernarmut
-
Landwirtschaft damals
(sehr informativ, aus Luxemburg)
Uwe Eduard Schmidt -
Die sozialgeschichtliche Bedeutung des Waldes
im 18.
und 19. Jahrhundert
Ottmar Prothmann - Das
Ländchen Kalenborn
im 18. Jahrhundert